Wegzugsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz

Außensteuergesetz

Wegzugsbesteuerung bei unentgeltlicher Anteilsübertragung auch ohne Ausschluss oder Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts?

Durch § 6 Außensteuergesetz (AStG) wird sichergestellt, dass die stillen Reserven (Vermögenszuwachs) aus der Beteiligung an Kapitalgesellschaften vor dem Wegzug des Steuerpflichtigen in das Ausland auch ohne Veräußerung steuerlich im Inland erfasst werden. 

Der "Wegzugsbesteuerung" des § 6 AStG unterliegen im Privatvermögen gehaltene Beteiligungen i. S. d. § 17 EStG (Beteiligung in Höhe von mindestens 1 % mittelbar oder unmittelbar). 

Neben dem Wegzug unterliegen gleichgestellte Tatbestände der Wegzugsbesteuerung, bei denen der Steuerpflichtige nicht selber wegzieht. So steht dem Wegzug die Übertragung der Anteile i. S. d. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG durch ganz oder teilweise unentgeltliches Rechtsgeschäft unter Lebenden (Schenkung) oder durch Erwerb von Todes wegen auf nicht unbeschränkt steuerpflichtige Personen gleich. 

Sachverhalt

Ein Vater übertrug am 30.09.2009 auf seinen in den USA ansässigen Sohn einen Anteil an einer deutschen GmbH. Zeitnah übertrug er auch Anteile auf seine Ehefrau.

Das Vermögen der GmbH bestand im Zeitpunkt der Übertragung überwiegend aus im Inland belegenem Grundvermögen, so dass das Besteuerungsrecht an den stillen Reserven der GmbH weiterhin Deutschland zustand (gem. DBA zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika). 

Finanzamt und Finanzgericht haben die Übertragungen als teilentgeltliche Erwerbe behandelt. Sie waren der Auffassung, dass für den unentgeltlichen Teil der Übertragung auf den Sohn die Voraussetzungen für eine Wegzugsbesteuerung erfüllt sind.

Das hat der BFH bestätigt. 

Der Vater hat die Anteile an der GmbH, an der er innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens 1 % beteiligt war, durch teilweise unentgeltliches Rechtsgeschäft auf seinen nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Sohn übertragen. Damit sind bei dem Vater die Voraussetzungen der Wegzugsbesteuerung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG erfüllt.

Der BFH führt aus, dass der Gesetzgeber keinen Zweifel daran gelassen hat, dass er trotz der Reform des Außensteuergesetzes auch weiterhin Fälle in die Wegzugsbesteuerung einbeziehen will, in denen es nicht zu einem Ausschluss oder einer Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts an Veräußerungsgewinnen kommt.

Eine entsprechende einengende Auslegung ist nach Auffassung des BFH auch aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht geboten. Im Streitfall hat die abstrakte Gefahr einer Vermögensumschichtung und daher das Herausfallen aus der DBA-Norm als Grund für den direkten Steuerzugriff bestanden.

Hinweis

Auch aus unionsrechtlicher Sicht hält der BFH eine einschränkende Auslegung nicht für geboten.

Fundstelle

BFH-Urteil vom 08.12.2021, I R 30/19

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