Wegfall des Vorläufigkeitsvermerks zur Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Leibrenten etc.

Einkommensteuer

Einkommensteuerbescheide sind hinsichtlich der Besteuerung von Renten ab jetzt nicht mehr vorläufig! Dringender Handlungsbedarf, um das Rechtschutzinteresse zu wahren!

Der BFH hat in zwei Urteilen vom 19.5.2021 (Az.: X R 33/19 und X R 20/19) zwei Revisionen zur Frage der Verfassungsmäßigkeit einer vermeintlichen doppelten Besteuerung von Leistungen aus der Basisversorgung zurückgewiesen. Die dagegen eingelegten Verfassungsbeschwerden (Az.: 2 BvR 1140/21 und 2 BvR 1143/21) wurden durch Beschluss vom 07.11.2023 nicht zur Entscheidung angenommen. Nach dem BVerfG konnte die Wahl des Wortes "vermeiden" anstatt des schärferen Begriffs "ausschließen" in seinem Beschluss aus 2002, der zur Reform der steuerlichen Behandlung von Alterseinkünften führte, sich auch so deuten, dass der Gesetzgeber nur dazu angehalten werden sollte, eine strukturelle doppelte Besteuerung von ganzen Rentnergruppen beziehungsweise -jahrgängen zu verhindern, nicht aber eine doppelte Besteuerung in jedem individuellen Fall (BVerfG, Beschlüsse vom 7.11.2023 – 2 BvR 1140/21 und 2 BvR 1143/21, Rz. 29 bzw. 25). Im Nachgang dieser Nichtannahmebeschlüsse hatte das BMF zwei externe wissenschaftliche Kurzgutachten eingeholt, die übereinstimmend zu dem Ergebnis kommen, dass das geltende Recht der Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung die verfassungsrechtlich bestehenden Anforderungen erfülle.

Nunmehr haben Bund und Länder beschlossen, die durch BMF-Schreiben aus 2021 (BStBl. I 2021, 1042) getroffene Anweisung zur vorläufigen Festsetzung der Einkommensteuer wegen der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung Leibrenten und anderen Leistungen aus der Basisversorgung aufzuheben (BMF-Schreiben v. 10.3.2025 - IV D 1 - S 0338/00083/001/081). Damit wird der Vorläufigkeitsvermerk in zukünftig ergehenden Einkommensteuerbescheiden nicht mehr enthalten sein.

Steuerbescheide, die den Vorläufigkeitsvermerk enthalten, sind nach § 165 Abs. 2 Satz 4 AO nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig zu erklären. Für etwaige auf § 165 Abs. 2 AO gestützte Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer vorläufigen Einkommensteuerfestsetzung ist zu beachten, dass die Ungewissheit im Sinne des § 171 Abs. 8 Satz 2 AO insoweit am 10.3.2025 entfallen ist. Die Ablaufhemmung endet damit mit Ablauf des 10.3.2027.

Allerdings sind derzeit noch zwei weitere Revisionsverfahren zur verfassungskonformen Auslegung des AltEinkG beim BFH anhängig (Az.: X R 18/23 und X R 9/24 bei zu DDR-Zeiten geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen). Bei ohne den Vorläufigkeitsvermerk ergehenden Steuerbescheiden empfiehlt sich daher, Einspruch einzulegen und das Ruhen des Verfahrens zu beantragen. Das gilt auch bei Änderungsbescheiden ohne erneutem Vorläufigkeitsvermerk sowie vor Ablauf der Festsetzungsfrist gegen Bescheide über die Ablehnung einer nach § 165 Abs. 2 AO beantragten Änderung.

Hinweis

Einkommensteuerbescheide ergehen fortan nicht mehr vorläufig hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Leibrenten. Um das Rechtsschutzinteresse wegen der noch anhängigen Revisionsverfahren zu wahren, ist daher Einspruch einzulegen.

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