Gewinne und Verluste aus Kapitaleinkünften werden grundsätzlich im laufenden Jahr miteinander verrechnet. Verbleibt am Ende des Jahres ein Verlust aus Kapitalvermögen, ist kein Ausgleich mit dem Gewinn oder Überschuss aus anderen Einkunftsarten möglich.
Für Verluste aus Kapitalvermögen gibt es einen eigenen sogenannten Verlustverrechnungskreis. Hiermit wird erreicht, dass die tariflich besteuerten positiven Einkünfte nicht mit ermäßigt besteuerten Verlusten aus Kapitalvermögen (Abgeltungsteuer) verrechnet werden.
Die im Kalenderjahr nicht ausgeglichenen Verluste werden festgestellt und vorgetragen. Die festgestellten Verluste können dann in späteren Jahren mit zukünftigen Gewinnen aus Kapitalvermögen verrechnet werden. Ein Verlustrücktrag in das Vorjahr ist ausgeschlossen.
Darüber hinaus gibt es für bestimmte Verluste aus Kapitalvermögen weitere Einschränkungen. So gilt zum Beispiel speziell für Verluste aus der Veräußerung von Aktien noch ein eigener Verlustverrechnungskreis. Diese Verluste können lediglich mit Gewinnen aus Aktienveräußerungen verrechnet werden. Liegen entsprechende Gewinne nicht vor, ist eine Verrechnung erst in späteren Jahren möglich.
Die Verrechnung von Verlusten wird in der Regel bereits beim Steuerabzug auf der Ebene des Kreditinstituts berücksichtigt. Bis zur Höhe der Verluste wird dann von positiven Kapitalerträgen keine Abgeltungsteuer einbehalten oder früher einbehaltene Kapitalertragsteuer erstattet. Dazu führt sie verschiedene „Verlustverrechnungstöpfe“ - einen allgemeinen Verlustverrechnungstopf sowie einen Aktien-Verlustverrechnungstopf speziell für Verluste und Gewinne aus Aktiengeschäften. Befindet sich in einem der Töpfe am 31. Dezember des Jahres noch ein Verlust, steht er für eine Verrechnung im nächsten Jahr zur Verfügung.
Kapitalanlagen bei mehreren Banken
Werden bei einer Bank Verluste und bei einer anderen Bank Überschüsse aus Kapitalvermögen erzielt, kann ein “institutübergreifender Verlustausgleich“ im Rahmen der Einkommensteuererklärung beantragt werden, indem ein Antrag auf Überprüfung des Steuereinbehalts für bestimmte Kapitalerträge gestellt wird.
Voraussetzung dafür ist, dass bis zum 15. Dezember des laufenden Jahres einen unwiderruflichen Antrag auf eine Bescheinigung der Verluste beim kontoführenden Finanzinstitut gestellt wird. In diesem Fall trägt die Bank den Verlust nicht wie sonst in die Folgejahre vor, sondern leert die Verlustverrechnungstöpfe zum Jahresende. Die Verluste können dann im Einkommensteuerbescheid Berücksichtigung finden. Die Verlustbescheinigung ist der Einkommensteuererklärung zwingend beizufügen.
Soll also eine solche Verrechnung für das Kalenderjahr 2024 im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung vorgenommen werden, muss bis zum 15.12.2024 eine entsprechende Verlustbescheinigung bei der Bank beantragt werden. Die Frist kann nicht verlängert werden. Wird sie verpasst, ist für das Jahr 2024 eine Verrechnung von Gewinnen und Verlusten bei verschiedenen Bank nicht möglich. Mandanten mit Kapitalanlagen bei verschiedenen Banken sollten daher beraten werden, ob eine Verlustbescheinigung für sie sinnvoll ist.
Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit
Der BFH hat zu dieser Vorschrift Bedenken geäußert und mit Vorlagebeschluss vom 17.11.2020 (VIII R 11/18) dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, inwieweit eine Verlustverrechnungsbeschränkung bei Aktien mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Das Verfahren wird beim BVerfG unter dem Az. 2 BvL 3/21 geführt. Steuerfestsetzungen ergehen diesbezüglich vorläufig (BMF-Schreiben vom 31.01.2022, IV A 3 - S 0338/19/10006 :001).
Hinweis
Die Besteuerung von Kapitalerträgen wurde zum 1. Januar 2009 mit der Einführung der Abgeltungsteuer umfassend neu geregelt. Die Ausführungen zu den Verlusten aus Kapitalvermögen gelten daher nur für Kapitalanlagen, die nach dem 31. Dezember 2008 angeschafft wurden.