Steuerfreiheit von Stipendien

Einkommensteuer

Stipendien können nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei sein. Doch welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?

Gem. § 3 Nr. 44 EStG sind Stipendien steuerfrei, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Gewährung

  • aus öffentlichen Mitteln,
  • von Einrichtungen, die durch JPdöR errichtet oder verwaltet werden oder
  • gemeinnützigen Einrichtungen und Organisationen 

2. zur Förderung

  • der Forschung oder
  • der wissenschaftlichen oder
  • der künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung

3. Begrenzt auf den erforderlichen Betrag

  • für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder
  • für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs 

4. Keine Verpflichtung 

  • zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder
  • zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit

Das vierte Merkmal stellt sicher, dass nur solche Zahlungen steuerbefreit werden, die den Charakter eines echten Stipendiums haben und keine offene oder verdeckte Vergütung für eine Arbeitsleistung darstellen. Dabei ist unter "Gegenleistung" nicht die Verpflichtung zur Erbringung der Forschungsarbeit selbst zu verstehen. Auch die Verpflichtung, die Forschungsergebnisse im Rahmen eines Abschlussberichts zu präsentieren, begründet ebenso wenig wie die Verpflichtung zur aktiven Mitarbeit in einem Forschungskolleg eine schädliche Gegenleistung i. S. d. § 3 Nr. 44 Satz 3 Buchstabe b EStG, weil derartige Verpflichtungen lediglich dazu dienen, die Verwirklichung der geförderten Zwecke zu gewährleisten.

Als schädlich sind allein solche Gegenleistungen anzusehen, die über die Verwirklichung des Förderzwecks hinausgehen und einen eigenen wirtschaftlichen Wert für den Stipendiengeber haben, weil das Stipendium dann bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Entlohnung dieser Tätigkeit darstellt.

Erneute Klarstellung durch den BFH

In einem aktuellen Beschluss zu einem Heisenberg Stipendium wies der BFH noch einmal darauf hin, dass insbesondere das Tatbestandsmerkmal der Höhe der erforderlichen Aufwendungen für den Lebensunterhalt nach der allgemeinen Verkehrsauffassung zu bestimmen ist, da in § 3 Nr. 44 EStG dazu eine konkrete Regelung fehlt.

Dabei ist unter Lebensbedarf die Gesamtheit der Mittel zu verstehen, die benötigt werden, um dem Einzelnen ein menschenwürdiges Leben in einem sozialen Umfeld zu sichern. Er umfasst

  • die für den laufenden Lebensunterhalt unentbehrlichen Aufwendungen für Wohnung, Verpflegung, Kleidung, Ausbildung, Gesundheit, angemessene Freizeitgestaltung und 
  • andere notwendige Ausgaben dieser Art.

Bei der Bestimmung des erforderlichen Lebensunterhalts sind

  • das Alter der Stipendiaten,
  • ihre akademische Vorbildung sowie
  • ihre nach der Verkehrsauffassung erforderlichen typischen Lebenshaltungskosten in ihrer konkreten sozialen Situation

zu berücksichtigen. Auf dieser Grundlage kann das vor Inanspruchnahme des Stipendiums vereinnahmte und im Bewilligungszeitraum des Stipendiums zeitweilig ausfallende Entgelt ein gewichtiges Indiz dafür begründen, dass das Stipendium, welches betragsmäßig über den Betrag der vorher bezogenen Einnahmen nicht wesentlich hinausgeht, lediglich den "erforderlichen Lebensbedarf" der Stipendiaten i. S. d. § 3 Nr. 44 Satz 3 Buchstabe a EStG abdeckt.

Im Urteilsfall wurde ein monatlicher Zuschlag gewährt, der dem Ausgleich für eine etwaige Besteuerung des Stipendiums diente. Da dieser jedoch im Fall der Steuerbefreiung zurückzuzahlen ist, liegt keine dauerhafte Bereicherung vor. Daher ist auch dieser Zuschlag nicht zu versteuern. Erfolgt die Gewährung jedoch ohne eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung, liegt nach Auffassung des FG Baden-Württemberg (Beschluss vom 01.06.2005, 3 V 36/04, EFG 2005, 1333) eine Doppelbegünstigung vor, wenn auch der Zuschlag unter § 3 Nr. 44 EStG fallen würde. In diesem Fall wäre der Zuschlag daher steuerpflichtig.

Fazit

Wird ein Stipendium gewährt, sind die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 44 EStG im Einzelfall zu prüfen. Besteht das Stipendium aus verschiedenen Bestandteilen, gilt diese Prüfung für alle Bestandteile getrennt.

Fundstelle

BFH-Beschluss, 24.10.2023, VIII R 11/22

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