Steuerbefreite PV-Anlagen und nachlaufende Betriebsausgaben

Einkommensteuer

Seit dem VZ 2022 wurde mit § 3 Nr. 72 EStG eine Steuerbefreiung für kleinere PV-Anlagen eingeführt. Können in 2022 oder später geleistete Betriebsausgaben, die die Jahre vor 2022 betreffen, noch steuermindernd berücksichtigt werden?

Seit dem VZ 2022 wurde mit § 3 Nr. 72 EStG eine Steuerbefreiung für kleinere PV-Anlagen eingeführt. Bei Einnahmen-Überschussrechnern stellt sich die Frage, ob in 2022 oder später geleistete Betriebsausgaben, die die Jahre vor 2022 betreffen, noch steuermindernd berücksichtigt werden können. Dies betrifft z.B. Steuerberatungskosten für die Erstellung der EÜR vor 2022.

Auffassung der Finanzverwaltung

Betriebsausgaben, die in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Betrieb von gem. § 3 Nr. 72 EStG steuerbefreiten PV-Anlagen stehen, sind nach Auffassung der Finanzverwaltung nach Maßgabe des § 3c EStG nicht abzugsfähig (BMF-Schreiben vom 17.07.2023, BStBl. 2023 I S. 1494, Rz. 21).

Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit steuerbefreiten PV-Anlagen soll auch dann vorliegen, wenn z.B. in 2022 Aufwendungen mit wirtschaftlichem Bezug zum Zeitraum vor Einführung der Steuerfreiheit gezahlt werden, wie z.B. die Umsatzsteuernachzahlung 2021, die in 2022 geleistet wird.

Die Anwendung von § 3c EStG ist hier umstritten, die Finanzgerichte vertreten unterschiedliche Auffassungen.

FG Nürnberg: Kein Betriebsausgabenabzug

Das FG Nürnberg (Urteil vom 19.09.2024, 4 K 1440/23) ist der Auffassung, dass sich ein Betriebsausgabenabzugsverbot nicht aus § 3c EStG ergibt. Eine Umsatzsteuernachzahlung 2021 bezieht sich auf steuerpflichtige Einkünfte im Jahr 2021. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen liegt daher nicht vor.

Der Betriebsausgabenabzug scheidet aber dennoch aus, weil für die nach § 3 Nr. 72 EStG steuerbefreiten PA-Anlagen ab 2022 kein Gewinn mehr zu ermitteln ist. Dem Gewinnermittlungsverbot folgt also nach Ansicht des FG Nürnberg ein Betriebsausgabenabzugsverbot. Gegen die Entscheidung ist Revision beim BFH eingelegt worden.

FG Münster lässt nachlaufenden Betriebsausgabenabzug zu

Das FG Münster (Urteil vom 06.11.2024, 7 K 105/24 E) sieht die Sache anders und lässt den Betriebsausgabenabzug zur. Es folgt hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 3c EStG der Meinung des FG Nürnberg, vertritt aber bei der Auslegung des § 3 Nr. 72 EStG eine andere Meinung.

§ 3 Nr. 72 Satz 2 EStG ist so auszulegen, dass eine Gewinnermittlung im Fall der Steuerfreiheit nicht mehr zwingend erforderlich, aber nicht verboten ist. Dies ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung, so das FG Münster. Auch hier wurde die zugelassene Revision zum BFH eingelegt.

Praxistipp:

Es gilt weiter die Empfehlung, Betriebsausgaben, die noch ein Jahr vor 2022 betreffen, aber erst in 2022 oder später gezahlt werden, steuerlich geltend zu machen. Auf Grund der beim BFH anhängigen Verfahren besteht ein Anspruch auf Verfahrensruhe.

Fundstelle

FG Nürnberg, Urteil vom 19.09.2024, 4 K 1440/23, Revision eingelegt, Az. des BFH III R 35/24

FG Münster, Urteil vom 06.11.2024, 7 K 105/24 E, Revision eingelegt, Az. des BFH X R 30/24

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