Sonderausgabenabzug für Kinderbetreuungskosten – Verfassungsmäßigkeit der Haushaltszugehörigkeit

Einkommensteuer

Können Kinderbetreuungskosten auch als Sonderausgaben angesetzt werden, wenn das Kind nicht zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört?

Streitig war im vorliegenden Fall, ob Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben geltend gemacht werden können, auch wenn das Kind nicht zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört.

Sachverhalt

Der Kläger ist Vater einer siebenjährigen Tochter. Die Eltern leben getrennt. Die Tochter wohnt bei der Mutter (sog. Residenzmodell). Für den Besuch des Kindergartens und des Horts zahlte der Kläger die hälftigen Betreuungskosten in Höhe von 299 EUR. Diesen Betrag machte er als Kinderbetreuungskosten bei den Sonderausgaben gelten.

§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG

"Abziehbare Sonderausgaben sind zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4.000 EUR je Kind, für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes … ."

Kriterium der Haushaltszugehörigkeit ist verfassungsgemäß

Nach Ansicht des BFH sind die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht erfüllt. Die Tochter gehörte im Streitjahr allein zum Haushalt der Mutter und nicht auch zum Haushalt des Vaters.

Kein Verstoß gegen die Sicherung des Existenzminimums

Das Existenzminimum der Tochter wird über die Kinderfreibeträge sowie den Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA-Freibetrag) gewährt. Der dem Kläger gewährte BEA-Freibetrag lag mit 1.320 EUR wesentlich höher als der von ihm zu entrichtende Betrag in Höhe von 299 EUR, dessen Abzug als Sonderausgabe er in Höhe von 199 EUR begehrt.

Kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz

Das Merkmal der Haushaltszugehörigkeit ist als verfassungsmäßig anzusehen. Es handelt sich um eine zulässige Vereinfachungs- und Typisierungsregelung. 

Der Fremdbetreuungsaufwand entsteht in der Regel demjenigen Elternteil, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat und deshalb das Kind entweder selbst betreut oder sich um Fremdbetreuung kümmern muss. Dem Umstand, dass auch dem anderen Elternteil Betreuungskosten entstehen, wird dadurch Rechnung getragen, dass der BEA auch diesem Elternteil gewährt wird. Das gilt jedenfalls für die Fälle, in denen die tatsächlich getragenen Kinderbetreuungskosten mit dem BEA-Freibetrag vollständig erfasst werden.

Nicht abschließend geklärt ist hingegen der Fall, in dem die getragenen Kinderbetreuungskosten höher sind als der BEA-Freibetrag.

Fundstelle

BFH-Urteil vom 11. Mai 2023, III R 9/22

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