Krankheitsbedingter Umbau eines Wohnhauses

Einkommensteuer

Können Aufwendungen für einen Wohnungsumbau, den ein Steuerpflichtiger mit Blick auf seine fortschreitende Krankheit vornimmt, die aber noch nicht zwingend erforderlich sind, um den existenznotwendigen Wohnbedarf zu befriedigen, als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden?

Der behindertengerechte Umbau eines Hauses bzw. einer Wohnung ist in der Regel mit hohen Kosten verbunden.

Voraussetzung für eine Berücksichtigung der Umbaukosten als außergewöhnliche Belastung ist gem. § 33 EStG, dass dem Steuerpflichtigen durch diese Maßnahme zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands entstanden sind. D. h. wenn sich der Steuerpflichtige ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. 

Streitfall

Die Eheleute Hertha und Hermann machten in ihrer Einkommensteuererklärung außergewöhnliche Belastungen für den altersbedingten Hausumbau in Höhe von 47.404 EUR geltend. 

Hermann hat einen Grad der Behinderung von 60 und das Merkzeichen G. Außerdem legten die Eheleute eine ärztliche Bescheinigung vor, in der bestätigt wurde, dass bei beiden Eheleuten "aus multiplen internistischen und orthopädischen Gründen ein altersgerechter bzw. behindertengerechter Umbau der Wohnung aus medizinischer Sicht dringend anzuraten ist."

Der medizinische Dienst ist zwar vor Ort gewesen, hatte aber keine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass die Krankheit so fortgeschritten ist, dass die durchgeführten Maßnahmen als zwingend erforderlich erschienen. Hermann war noch nicht auf Rollstuhl oder Rollator angewiesen. Bei einer anzunehmenden Verschlechterung des Krankheitsbildes könne dies in 2 bis 3 Jahren der Fall sein.

Das Finanzamt hat die Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt, weil der Nachweis der Zwangsläufigkeit nicht vorgelegt wurde. Die Krankheit sei noch nicht so weit fortgeschritten, dass die Maßnahmen zu diesem Zeitpunkt als zwingend notwendig erschienen.

Das FG bestätigt die Auffassung des Finanzamtes 

Krankheitskosten erwachsen ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zweck der Heilung einer Krankheit (z. B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglicher zu machen, beispielsweise Aufwendungen für einen Rollstuhl.

Als außergewöhnliche Belastungen sind auch Aufwendungen absetzbar, die geleistet werden, um den existenznotwendigen Wohnbedarf zu befriedigen oder existenznotwendige Gegenstände wieder zu beschaffen.

Umbaumaßnahmen nicht zwangsläufig

Nach Auffassung des FG waren die Umbaumaßnahmen durchaus sinnvoll, aber noch nicht erforderlich, um den existenznotwendigen Wohnbedarf zu befriedigen. 

Die Eheleute waren frei in ihrer Entscheidung, einen altersgerechten bzw. behindertengerechten Umbau des Wohnhauses im Streitjahr oder erst später vorzunehmen. 

Ein unausweichliches Ereignis tatsächlicher Art und eine damit ausgelöste Zwangslage hierzu hat daher nicht bestanden. Das Argument des "vorausschauenden Handelns" im Hinblick auf eine erwartbare gesundheitliche Entwicklung widerspricht der vom Gesetz geforderten Zwangsläufigkeit.

Hinweis

Die Eheleute hatten auch die Verteilung der Aufwendungen auf 2 Jahre beantragt. Diesen Antrag haben sie zurückgezogen, sodass das Gericht hierüber nicht zu entscheiden hatte. 

Fazit

Bau- oder Umbaukosten für eine behindertengerechte Umgestaltung des Wohnumfeldes können als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG abziehbar sein. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen zwangsläufig entstehen, also vom Willen des Steuerpflichtigen unabhängig entstehen, sodass er keine tatsächliche Entschließungsfreiheit hat, bestimmte Aufwendungen vorzunehmen oder zu unterlassen.

Aufwendungen für einen vorsorglichen Wohnungsumbau, der zwar sinnvoll, aber noch nicht zwingend erforderlich ist (also vorsorglich erfolgt), erfüllen diese Voraussetzung nach Auffassung des FG Nürnberg nicht.

Fundstelle

FG Nürnberg, Urteil vom 06.09.2023 3 K 988/21

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