Erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht

Schenkungsteuer

Die erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz i. S. d. Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Regelung bewirkt auch keinen Verstoß gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit sowie das mit der Schweiz und der EU bestehende Freizügigkeitsabkommen.

Maik und seine Mutter verzogen im November in die Schweiz. Ihre Wohnsitze in Deutschland hatten sie aufgegeben, trugen aber weiterhin die deutsche Staatsbürgerschaft.

Einen Monat nach dem Wohnsitzwechsel übertrug die Mutter ihrem Sohn schenkweise ein in der Schweiz belegenes Grundstück, an dem sie sich ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht nach Schweizer Recht vorbehielt.

Das Finanzamt setzte für den Grundstückserwerb Schenkungsteuer fest und begründete übereinstimmend mit dem BFH:

Als Schenkung unter Lebenden nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG gilt u. a. gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. 

Ist der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer ein Inländer, tritt für den gesamten Vermögensanfall die unbeschränkte Steuerpflicht ein (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ErbStG). 

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b ErbStG gelten als Inländer auch deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben.

Diese sog. erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG

Im Übrigen liegt auch kein Verstoß gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit sowie das mit der Schweiz und der EU bestehende Freizügigkeitsabkommen vor.

Allgemein anerkannt ist, dass der Gesetzgeber eine unbeschränkte Steuerpflicht an die Staatsangehörigkeit knüpft. 

Aus der Staatsangehörigkeit resultieren zum einen Rechte wie das Wahlrecht oder die sog. Deutschen Grundrechte. Unabhängig von ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt können sich deutsche Staatsangehörige auf diese Rechte berufen.

Dementsprechend können auch steuerliche Pflichten an die Staatsangehörigkeit geknüpft werden.

Im Falle der erweiterten unbeschränkten Schenkungsteuerpflicht kommt neben der Staatsangehörigkeit hinzu, dass der Gesetzgeber die Steuerpflicht zusätzlich auf einen Zeitraum von fünf Jahren beschränkt, in dem kein inländischer Wohnsitz bestanden hat.

Zum Zeitpunkt der Ausführung der gemischten Grundstücksschenkung von der Mutter an Maik hatten Schenkerin und Erwerber nach den Feststellungen des Finanzgerichts weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Da jedoch beide die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen und ihre jeweiligen Wohnsitze im Inland erst kurz zuvor aufgegeben hatten, unterfielen sie der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. Satz 2 Buchst. b ErbStG

Fundstelle

BFH-Urteil vom 12. Oktober 2022, II R 5/20

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