Die Aktivierung von Provisionsansprüchen bei Versicherungsvertretern ist seit Jahren ein Streitpunkt zwischen Praxis und Finanzverwaltung. Mit Urteil vom 30. April 2025 (X R 12-13/22) hat der BFH hierzu wichtige Klarstellungen getroffen. Entscheidend bleibt die konkrete Vertragsgestaltung, die über den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung bestimmt.
Nach den handelsrechtlichen Grundsätzen (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) dürfen Gewinne nur dann ausgewiesen werden, wenn sie am Bilanzstichtag realisiert sind. Bei Handelsvertretern entsteht der Provisionsanspruch grundsätzlich, sobald das Geschäft ausgeführt ist (§ 87a HGB). Für Versicherungsvertreter gilt jedoch die Sonderregelung des § 92 Abs. 4 HGB: Hier entsteht der Anspruch erst, wenn der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat. Durch vertragliche Gestaltung kann der Entstehungszeitpunkt des Anspruchs hinausgeschoben oder ratierlich an einzelne Beitragszahlungen geknüpft werden.
Im Streitfall hatte ein Versicherungsvertreter auf Basis eines Vermögensberater-Vertrags Provisionszahlungen erhalten, bevor die rechtlichen Ansprüche entstanden waren. Das Versicherungsunternehmen leistete Vorfinanzierungen, die bei Vertragsstornierung anteilig zurückzuzahlen waren. Strittig war, ob diese Zahlungen bereits als Gewinn zu erfassen seien.
Der BFH stellte klar, dass solche Zahlungen lediglich Provisionsvorschüsse darstellen und bilanziell als erhaltene Anzahlungen zu passivieren sind. Eine Gewinnrealisierung tritt erst ein, wenn der Provisionsanspruch rechtlich entstanden ist. Korrespondierend darf beim Unternehmen kein Aufwand, sondern nur eine geleistete Anzahlung aktiviert werden.
Wird vereinbart, dass der Provisionsanspruch mit der Zahlung der ersten Jahresprämie in voller Höhe entsteht, ist die gesamte Provision bereits zu diesem Zeitpunkt zu aktivieren – unabhängig von der späteren Fälligkeit. Wird hingegen ein ratierliches Entstehen der Provision vereinbart, ist nur der bereits entstandene Teil gewinnwirksam. Eine Rückstellung für Stornorisiken darf nur gebildet werden, wenn der Anspruch bereits entstanden ist und ein wirtschaftliches Risiko der Rückzahlung besteht.
Fazit
Die BFH-Entscheidung verdeutlicht: Ob Provisionen sofort, ratierlich oder erst später zu aktivieren sind, hängt allein von den vertraglichen Vereinbarungen ab. Vorfinanzierte Zahlungen bleiben solange passivierungspflichtige Vorschüsse, bis der Anspruch rechtlich besteht. Versicherungsvertreter und deren Steuerberater sollten daher die Vertragsgestaltung sorgfältig prüfen und bilanzielle Konsequenzen genau beachten.