Eine betragsmäßige Grenze ist gesetzlich nicht definiert und setzt daher immer eine individuelle Einzelfallbeurteilung voraus.
Sachverhalt
Ein Steuerpflichtiger bewohnt mit seinem Bruder das Obergeschoss in einem Einfamilienhaus. Die Wohnung bestand aus zwei Schlafzimmern, einem Wohnzimmer, einem Büro, einem Zimmer mit Sportgeräten sowie Küche und Bad. Die Wohnung wurde den beiden Brüdern unentgeltlich von ihren Eltern überlassen, die im Erdgeschoss lebten. Beide Wohnungen sind baulich nicht voneinander getrennt, sondern über das Treppenhaus frei zugängig.
Im Streitjahr kaufte der Steuerpflichtige Benjamin für sich und seinen Bruder Lebensmittel für ca. 1.500 EUR. Zudem überwies er 1.200 EUR an seine Eltern für Nebenkosten und Telekommunikation sowie 550 EUR für den Einbau neuer Fenster.
An seinem Arbeitsort unterhielt Benjamin eine zweite Wohnung. Das Finanzamt verwehrt ihm jedoch den Werbungskostenabzug für die doppelte Haushaltsführung, da er an seinem Erstwohnsitz keinen eigenen Hausstand unterhält.
Das Urteil
Mit der Gesetzesänderungen im Reisekostenrecht im Jahr 2013 hat der Gesetzgeber den Begriff des eigenen Hausstandes erstmals im Gesetz definiert.
Ein eigener Hausstand setzt das Innehaben einer Wohnung voraus. Erforderlich, aber auch ausreichend ist hierzu ein räumlicher Bereich, in dem der Steuerpflichtige seinen Lebensmittelpunkt hat.
Der Steuerpflichtige hat eine Wohnung inne, wenn er sie aus eigenem Recht nutzen kann, z. B. als Eigentümer oder Mieter. Dies gilt aber auch, wenn ihm die Wohnung von einem Familienangehörigen zur Nutzung überlassen wird.
Wesentlich ist, dass sich der Steuerpflichtige hier aufhält und sein Aufenthalt dort nur durch seine arbeits- oder urlaubsbedingte Abwesenheit unterbrochen wird. Es ist also nicht ausreichend, wenn diese "erste" Wohnung nur für Besuche oder Ferienaufenthalte genutzt wird.
Im Streitfall war der Werbungskostenabzug für die doppelte Haushaltsführung zu gewähren.
Ergebnis
Ein eigener Hausstand erfordert u. a. die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung. Diese darf nicht erkennbar unzureichend sein. Eine bestimmte betragliche Grenze sieht das Gesetz nicht vor, ebenso wenig ist eine laufende Beteiligung erforderlich. Die Verwaltung setzt hier gem. BMF-Schreiben v. 25.11.2020 (IV C 5 – S 2353/19/10011, Rz. 101) eine Grenze von mehr als 10 % voraus. - Ob diese Voraussetzung erfüllt sind, bedarf immer einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls.
Fundstelle
BFH-Urteil v. 12.01.2023 – VI R 39/19