Der Unternehmer Bert Baumeister (B) hat im Jahr 2019 ein bebautes Grundstück für seinen Betrieb erworben. Er plante, das Gebäude zu sanieren und für eigene Produktionszwecke zu verwenden. Im Jahr 2020 hat sich Bert entschieden, das Gebäude abreißen zu lassen. Es hatte sich herausgestellt, dass der Boden des Gebäudes für die geplante Nutzung nicht tragfähig genug war. Maschinen könnten hier nicht betrieben werden, Gabelstapler könnten nicht fahren. Dies hätte zwar durch eine Verstärkung der Bodenplatte behoben werden können, die geplanten Sanierungskosten wären dadurch aber überschritten worden.
Bert kam zu dem Ergebnis, dass Abriss und Neubau die kostengünstigere Alternative waren. In seiner Gewinnermittlung hat B die Anschaffungskosten des Gebäudes abgeschrieben und die Abschreibung sowie die Abrisskosten als sofort abziehbare Betriebsausgaben behandelt. Das Finanzamt ging davon aus, dass Bert das Grundstück in bedingter Abbruchabsicht erworben hat, sodass die Abschreibung und die Abrisskosten als Herstellungskosten des neuen Gebäudes anzusehen waren. Bert war damit nicht einverstanden und hat Klage vor dem Finanzgericht erhoben.
Ob ein Erwerb in Abbruchabsicht vorliegt oder nicht, kann sich bereits aus dem Kaufvertrag ergeben, z. B. wenn die Beteiligten darin vereinbaren, dass der Kauf zum Abbruch geschieht oder dass eine Verpflichtung zum Abbruch besteht. Für einen Erwerb in Abbruchabsicht spricht vor allem, wenn das Gebäude in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Erwerb abgebrochen wird. Beginnt der Erwerber eines objektiv technisch und wirtschaftlich noch nicht verbrauchten Gebäudes innerhalb von 3 Jahren nach Anschaffung mit dessen Abbruch, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für einen Erwerb in Abbruchabsicht. Gegen den Anscheinsbeweis würde nur ein ungewöhnlicher, atypischer Geschehensablauf sprechen. Dieser Geschehensablauf muss nach dem Grundstückserwerb eingetreten sein. Dieser konnte im Urteilsfall nicht nachgewiesen werden. Die Abbruchkosten sind Herstellungskosten des neu errichteten Gebäudes.
Hinweis
Der Erwerber eines objektiv technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchten Gebäudes kann, wenn er dieses nach dem Erwerb abreißt, die Abbruchkosten als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abziehen, sofern er das Gebäude ohne Abbruchabsicht erworben hat. Hat er es hingegen in der Absicht erworben, es (teilweise) abzubrechen und anschließend grundlegend umzubauen, sind der anteilige Restwert des abgebrochenen Gebäudes und die Abbruchkosten keine sofort abziehbaren Werbungskosten, sondern Teil der Herstellungskosten des neugestalteten (umgebauten) Gebäudes.
Fundstelle
Urteil des FG Münster, 03.11.2021, 13 K 1116/18 F